Unlängst wollte ich mich in ein Wartehäuschen begeben – es regnete, und mein Zug hatte Verspätung. Doch ich stand vor einer verschlossenen Tür. Das daran angebrachte Plakat verkündete: Als Folge der aktuellen Sicherheitslage mit dem Corona-Virus bleibt diese Wartehalle bis auf weiteres geschlossen.

Draussen auf dem zugigen Perron hatte ich Zeit, mir Gedanken über das Gelesene zu machen.

Zuerst dachte ich über den Begriff Sicherheitslage nach. Tönt irgendwie nach Militär. Sind wir im Krieg? Der eine oder die andere empfindet es möglicherweise so. Krieg führen gegen das Corona-Virus. Kann man so sehen.

Der Urheber oder die Urheberin des Plakates war da offenbar anderer Ansicht. Heisst es doch «die aktuelle Sicherheitslage mit dem Corona-Virus». Ist da etwa von Zusammenarbeit die Rede? Ziemlich wirr das Ganze.

Zurück zur Sicherheitslage beziehungsweise: Ich wage einen zweiten Versuch. Gemeint ist ja wahrscheinlich die Bedrohungslage aufgrund der Corona-Pandemie. Aber auch das hört sich für meine Ohren martialisch an. 

Eigentlich geht es mir um etwas anderes: Hier ist jemand nicht in der Lage, konzise Gedanken zu formulieren. Worum geht es? Aufgrund der aktuellen Lage (die Corona-Pandemie) kann die Gesundheit der Bahnreisenden nicht garantiert werden (ihre Sicherheit). Deshalb wurde das Wartehäuschen geschlossen.

Alternativen zum oben widergegebenen haarsträubend falschen Satz? Wie wäre es mit «Infolge der Corona-Pandemie ist der Wartesaal bis auf Weiteres geschlossen»?

Damit kann auch gleich noch das unsägliche «bleibt geschlossen» vermieden werden. Die Wartehalle ist geschlossen, basta.

Um noch etwas grundsätzlicher zu werden: Mich stört nicht in erster Linie, dass die SBB Angestellte haben, die offenbar in Deutsch nicht sattelfest sind – sondern, dass mittlerweile mehr Wert auf die grafische Gestaltung eines Informations-Aushangs gelegt wird, als auf die verwendete Sprache; dass es nicht wichtig ist, ob die Aussagen gedanklich präzise sind (das Totschlag-Argument hierzu lautet: Hauptsache, die Leute verstehen, was gemeint ist); dass Geschriebenes nur noch selten von einer zweiten Person überprüft wird, bevor es unter die Leute kommt, sondern irgend jemand am Bildschirm etwas hinbrünzelt, ein nettes Layout darum herum bastelt und – flugs – wird das Werk ausgedruckt und aufgehängt. Lesen tuts eh niemand – und wenn, dann merkts eh keiner. Richtig?

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