Unlängst habe ich mich dabei ertappt, wie ich von einem Besuch beim Coiffeur berichtete. Worauf mich mein Gesprächspartner erstaunt fragte, ob ich mir nicht mehr von Margrit die Haare schneiden lassen würde. «Doch, doch, ich gehe immer noch zu ihr», antwortete ich. «Weshalb sprichst du dann von Coiffeur?»
Ja, weshalb spreche ich vom Coiffeur, wenn ich doch seit Jahren zu einer Coiffeuse gehe? Ich, die ich doch sonst soviel Wert auf eine gendergerechte Sprache lege?
Ich wurde nachdenklich und versuchte, der Sache auf den Grund zu gehen.
Als erstes fiel mir die Masseuse ein. Dazu schreibt der Duden: «Die korrekte weibliche Berufsbezeichnung lautet Masseurin. Die Form Masseuse wird in der Bedeutung Prostituierte gebraucht.» Würde ich also beispielsweise demnächst damit anfangen, anderer Leute Füsse zu massieren und dafür Geld zu verlangen, wäre es wohl nicht geschickt Masseuse auf die Visitenkarte zu schreiben. Und das, obwohl ich Sexarbeit für eine legitime berufliche Tätigkeit halte und sie das, juristisch gesehen, ja auch ist (zumindest in der Schweiz).
Noch vor wenigen Jahren legten junge Berufsfrauen Wert darauf, sich als Koch zu bezeichnen, um sich damit von der Köchin zu distanzieren, die privat in einem Haushalt Speisen zubereitet. Das irritierte mich jeweils sehr.
Unlängst ist es mir passiert, dass mir in einer Gruppenpraxis am Empfang bescheinigt wurde: «Es kommt gleich ein Arzt.» Obwohl es sich bei der Person, die mich anschliessend behandelte, um eine Frau handelte.
Wollte ich spitzfindig sein, könnte ich nun sagen: Sobald es eine verantwortungsvolle Position ist, ändert sich offenbar das Geschlecht – aus der Ärztin wird dann schnell ein Arzt. Ich will mal nicht so sein und belasse es damit festzustellen: Die Dinge ändern sich, andauernd, und manchmal braucht es ein wenig mehr Zeit. Das Fräulein zum Beispiel ist mittlerweile überall ausgestorben. Oder ist es Ihnen kürzlich passiert, dass sich jemand in einem Restaurant getraut hätte, statt nach der Bedienung nach dem Fräulein zu rufen?