«Kein Problem», sagt die Arbeitskollegin A., als ich frage, ob es für sie okay sei, dass ich zuerst Kaffeepause mache.
«Kein Problem», sagt der Kellner B., als ich ein alkoholfreies Bier bestelle.
«Kein Problem», sagt die Verkäuferin C., als ich mich für die Beratung bedanke.
«Kein Problem», sagt die Kollegin D, als ich sie frage, ob dich das Fenster öffnen dürfe.
«Kein Problem» scheint gefühlsmässig die häufigste Antwort zu sein, die ich in letzter Zeit bekomme. Dieses «kein Problem» ist so häufig, dass ich mich mittlerweile frage, wo das Problem liegt bzw. ob alle diese Personen ein Problem haben, zum Beispiel mit mir oder mit dem, was ich frage oder sage.
Wie ich darauf komme? Die Neurowissenschaften sagen, soweit mir bekannt ist als Nicht-Neurowissenschafterin, dass das Gehirn immer genau das hört, was gesagt wird und nicht, was nicht gesagt wird. Ich versuche das mit einem Beispiel zu verdeutlichen.
Sie kennen vielleicht die Frage nach dem rosa Elefanten? Die geht so: Versuchen Sie, NICHT an den rosa Elefanten zu denken? Genau! Sie haben natürlich sofort das Bild eines rosa Elefanten vor sich gehabt. Wenn ich dieses Experiment nun auf die Aussage «kein Problem» anwende, heisst das: Es gibt ein Problem.
Ich unterstelle den erwähnten Personen A., B., C. und D. deshalb, dass es auf irgendeiner Ebene ein Unwohlsein oder eine Irritation gibt, wenn nicht bewusst, dann unbewusst.
Vielleicht möchte Arbeitskollegin A. ja doch zuerst Pause machen, getraut sich aber nicht, das auszusprechen. Ehrlicher wäre demnach: «Och, genau heute wollte ich zuerst gehen, ich fühle mich schlapp und brauche dringend einen Kaffee.
»Kellner B. ist womöglich der Meinung, dass nur ein Bier mit Alkohol ein richtiges Bier ist, aber das darf er natürlich nicht laut sagen.
Verkäuferin C. ist nicht gewohnt, von Kundinnen Komplimente zu bekommen und weiss auf die Schnelle nicht, was sagen.
Kollegin D. sitzt nicht gerne im Durchzug, meint aber, sie habe kein Recht, ihr Bedürfnis zu äussern.
Alles Spekulation? Möglich. Es kann durchaus sein, dass ich mich irre. Es kann auch sein, dass ich vielleicht der Wortoberfläche allzu viel Gewicht gebe, also am wörtlichen Sinn festklebe. Es wäre dann sozusagen mein Fehler, dass ich die Floskel nicht einfach als Floskel nehme. Und so kann ich Ihnen Recht geben, falls Sie nun entgegnen möchten, frau solle solche banalen Alltagsaussagen nicht überbewerten. Die meisten Leute würden doch gar nicht so weit denken. Und auch damit mögen Sie Recht haben.
Alles kein Problem also? Ja und Nein.
Ja, im Sinn von: So wenig wie ich bestimmen kann, wie meine Aussagen ankommen – man hört, was man hören will -, kann ich von anderen verlangen, sich anders auszudrücken.
Nein, im Sinn von: Wenn meine Fragen okay sind, würde ich mich persönlich sehr freuen über Antworten wie «gern geschehen», «freut mich», «es war mir ein Vergnügen», «geht für mich in Ordnung», «damit kann ich gut leben». Merken Sie den Unterschied?
Deshalb mache ich an dieser Stelle trotzdem einen Versuch: Wenn Sie das nächste Mal gedankenlos «kein Problem» sagen, halten Sie doch bitte einen Moment inne.
Auf weniger Probleme und mehr Vergnügen!